Aurikel: Farbenfroher Blüten-Zwerg
Die Aurikel stand immer ein wenig im Schatten der Tulpen und der Rosen – dennoch weckt sie mit ihren vielfältigen Blütenfarben und -formen seit Jahrhunderten die Sammelleidenschaft vieler Pflanzenfreunde.
Kleine Augensterne sind Aurikel (Primula auricula) mit ihren hübsch gezeichneten Blüten. Am wirkungsvollsten präsentiert man sie einzeln in Töpfen
Die Aurikel ist eine besondere Primel für den Steingarten. Die Vorläufer der alten Gartenpflanze wurden im Alpenraum vermutlich schon im frühen Mittelalter kultiviert. Die Ursprungsart ist eine auf natürlichem Wege entstandene Kreuzung zwischen der gelben Alpen-Aurikel (Primula auricula) und der rosa blühenden Behaarten Primel (Primula hirsuta). Diese Pflanze, in Fachkreisen damals Auricula ursi II genannt, kam in einem relativ kleinen Gebiet bei Innsbruck in zahlreichen verschiedenen Blütenfarben vor und erregte deshalb die Aufmerksamkeit der Botaniker und Gärtner.
Mit ihrer faszinierenden Farbenvielfalt und ihren samtartigen, leicht bemehlten Blütenblättern weckte die Garten-Aurikel bald das Interesse der Leute, die das Geld und die Muße hatten, sich mit dem Sammeln und der Zucht schöner Blumen zu beschäftigen: Viele Adlige und reiche Kaufleute besaßen große Aurikel-Sammlungen. Das ist auch der Grund, warum die Aurikel plötzlich auf vielen Gemälden zu sehen war. Ende des 18. Jahrhunderts, als das Tulpenfieber langsam abklang, erreichte die Sammelleidenschaft bei Garten-Aurikeln ihren Höhepunkt. Für Pflanzen mit außergewöhnlichen, mehrfarbigen Blüten wurden hohe Preise gezahlt. Anfang des 19. Jahrhunderts besaß allein der Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach eine Sammlung von rund 400 Aurikelsorten.
Bildergalerie: bunte Aurikel-Vielfalt

Anders als bei der Tulpe wurde es um die Aurikel im vergangenen Jahrhundert recht still – in jüngerer Zeit erlebt sie allerdings eine kleine Renaissance: Bekannte Staudengärtner und -züchter wie der auf Steingarten-Pflanzen spezialisierte Jürgen Peters aus Uetersen und Werner Hoffmann aus Steinfurt sorgen dafür, dass die ohnehin schon immense Sortenvielfalt kontinuierlich wächst. Es ist sogar, gelungen, spezielle Sorten mit gestreiften Blüten neu zu züchten. Sie waren bereits ausgestorben und nur noch als Malereien auf alten Porzellantellern erhalten.
In ihren Standort- und Bodenansprüchen sind alle Aurikeln mehr oder weniger ähnlich: Sie benötigen einen hellen Standort ohne direkte Mittagssonne und einen neutralen bis leicht kalkhaltigen Boden, der sehr durchlässig sein muss. Staunässe vertragen Aurikeln wie die meisten Alpenpflanzen überhaupt nicht. Die Blütezeit der kleinen, meist nur 15-20 Zentimeter hohen Steingarten-Blumen ist April-Mai.
Aurikel-Sammler kultivieren die nässeempfindlichen Blumen meist in Töpfen mit zehn bis zwölf Zentimeter Durchmesser, denn nur so lässt sich die Feuchtigkeitszufuhr kontrollieren. Die Töpfe sollten sehr tief sein, damit die Pfahlwurzel der Pflanzen sich gut entwickeln kann. Ende Oktober stellt man die Töpfe am besten unter ein Überdach, damit sie vor Regen geschützt sind. Das Gießen kann man bei niedrigen Temperaturen fast ganz einstellen. Ein durchgefrorener Topfballen ist kein Problem, solange die Erde trocken ist, denn die Alpenpflanzen sind an extreme Kälte gewöhnt.
Umgetopft beziehungsweise umgepflanzt und geteilt werden Aurikeln am besten im September/Oktober. Wenn die Blattrosette schon sehr weit über der Erde steht, sollte man die Pflanze entsprechend tiefer wieder einpflanzen. Ihre Nährstoffe beziehen die genügsamen Pflanzen ausschließlich aus der Gartenerde, daher sollte man Aurikeln nicht düngen und auch nicht mit Kompost versorgen. Allenfalls ein niedrig dosierter Orchideendünger kann eingesetzt werden, um das Wachstum im Mai nach der Blüte etwas zu stimulieren.