Die Stauden und ihre Lebensbereiche
Wer dauerhafte und langlebige Staudenpflanzungen im Garten anlegen möchte, muss die Stauden an den richtigen Platz pflanzen. Dank Richard Hansens Konzept der Stauden und ihrer Lebensbereiche geht das heute sehr einfach.

Am schattigen Gehölzrand fühlen sich die Japan-Segge ‘Icedance’ (Carex morrowii ssp. foliosissima) und Funkien (Hosta) besonders wohl und benötigen deshalb wenig Pflege
Das Buch "Die Stauden und ihre Lebensbereiche in Gärten und Grünanlagen" von Richard Hansen und Friedrich Stahl gilt als eines der Standardwerke für private, aber auch professionelle Staudenverwender und ist 2016 bereits in der sechsten Auflage erschienen. Denn das Konzept, den Garten in verschiedene Lebensbereiche zu unterteilen und für sie standortgerechte und dadurch pflegeleichte Pflanzungen zu konzipieren, ist heute aktueller den je.
Richard Hansen, ein gelernter Pflanzensoziologe und ehemaliger Leiter des bekannten Sichtungsgartens Weihenstephan in der Nähe von München, unterteilte den Garten in sieben verschiedene Zonen, die sogenannten Lebensbereiche: den Bereich "Gehölz", "Gehölzrand", "Freifläche", "Wasserrand", "Wasser", "Steinanlagen" und "Beet". Diese wurden dann noch einmal in ihre individuellen Standortverhältnisse, wie Licht und Bodenfeuchtigkeit, unterteilt. Die Idee dahinter wirkt auf den ersten Blick einfach: Pflanzen wir die Stauden an einen Platz im Garten, an dem sie sich besonders wohlfühlen, gedeihen sie besser, leben länger und bedürfen weniger Pflege.
So funktioniert das Konzept der Lebensbereiche
Aus seiner Erfahrung als Pflanzensoziologe wusste Richard Hansen, dass es für jeden dieser Lebensbereiche in der Natur ein Pendant gibt, an dem ähnliche Standortverhältnisse gegeben sind. So gedeihen beispielsweise an einem Teichrand im Garten die gleichen Pflanzen wie an einem Uferbereich in der Natur. Hansen untersuchte also, welche Pflanzen das genau sind und erstellte lange Pflanzenlisten. Da sich Staudenpflanzungen in der Natur über Jahre selbst erhalten und nicht gepflegt werden müssen, ging er davon aus, dass man mit exakt den gleichen Pflanzen im Garten ebenfalls dauerhafte und pflegeleichte Pflanzungen schaffen könne, aber nur, wenn man sie an den richtigen Standort pflanzt. Aber nicht nur das: Die Pflanzen würden auch optisch immer harmonieren, da wir bestimmte Pflanzenkombinationen aus der Natur kennen und verinnerlicht haben, was zusammen gehört und was nicht. So würde man beispielsweise intuitiv aus einem Wiesenblumenstrauß eine Wasserpflanze herauspicken, weil sie einfach nicht hineinpasst.
Natürlich war Hansen bewusst, dass es aus gärtnerischer Sicht langweilig wäre, im Garten die gleichen Pflanzen wie in der Natur zu haben, zumal dann ja die ganzen schönen Neuzüchtungen nicht verwendet werden könnten. Deshalb ging er noch einen Schritt weiter und tauschte einzelne Pflanzen gegen neuere, teils robustere oder gesündere Züchtungen aus. Denn egal, ob eine Pflanze blau oder violett blüht, handelt es sich um die gleiche Pflanzenart, so passt sie doch optisch immer zu den anderen Stauden des Lebensbereiches, da ihr "Wesen" – wie Hansen es nannte – das gleiche ist.
Das Konzept der Lebensbereiche heute

Im Lebensbereich Beet versprühen an einem sonnigen Standort Sonnenbraut (Helenium) und Schafgarbe (Achillea) natürlichen Charme
Bereits 1981 veröffentlichte Richard Hansen gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Friedrich Stahl sein Konzept der Lebensbereiche, das nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland Anklang fand und großen Einfluss auf die Staudenverwendung, wie wir sie heute kennen, hatte. So gilt Hansen heute als Initiator von Staudenpflanzungen im "New German Style". Am Stuttgarter Killesberg und im Münchener Westpark können Pflanzungen besucht werden, die zwei seiner Schüler – Urs Walser und Rosemarie Weiße – in der 1980er Jahren angelegt haben. Dass sie auch nach so langer Zeit noch bestehen, zeigt, dass Hansens Konzept aufgeht.
Hansen, der leider bereits vor einigen Jahren verstorben ist, hat in seinem über 500 Seiten dicken Buch zahlreiche Pflanzen ihrem Lebensbereich zugeordnet. Damit auch neuere Züchtungen in Pflanzungen, die nach dem Konzept der Lebensbereiche gestaltet werden, verwendet werden können, führen heute einige Staudengärtnereien, zum Beispiel die Staudengärtnerei Gaissmayer, seine Arbeit fort. So können wir bei der Planung einer Pflanzung inzwischen bequem nach Staudenarten suchen, die gleiche Standortansprüche haben und mit denen sich deshalb robuste und langlebige Staudenpflanzungen schaffen lassen. Außerdem wurde das Konzept von Josef Sieber weiter differenziert.
So legen Sie eine Pflanzung nach Lebensbereichen an
Wollen Sie eine Staudenpflanzung nach dem Konzept der Lebensbereiche anlegen, müssen Sie zunächst herausfinden, welche Standortverhältnisse an geplanten Ort der Pflanzung vorherrschen. Liegt der Pflanzplatz eher in der Sonne oder im Schatten? Ist der Boden eher trocken oder feucht? Haben Sie das herausgefunden, können Sie mit der Auswahl der Pflanzen beginnen. Wollen Sie zum Beispiel einige Sträucher unterpflanzen, so müssen Sie nach Arten des Lebensbereiches "Gehölzrand" suchen, bei einer Uferbepflanzung des Teiches nach Arten des Lebensbereiches "Wasserrand" und so weiter.
Wofür stehen die Abkürzungen?
Die Lebensbereiche werden von Staudengärtnereien folgendermaßen abgekürzt:
G = Gehölz
GR = Gehölzrand
Fr = Freifläche
B = Beet
SH = Freifläche mit Steppenheidecharakter
H = Freifläche mit Heidecharakter
St = Steinanlage
FS = Fels-Steppe
M = Matten
SF = Stein-Fugen
MK = Mauer-Kronen
A = Alpinum
WR = Wasser-Rand
W = Wasserpflanzen
KÜBEL = nicht winterharte Stauden
Die Ziffern und Abkürzungen hinter den jeweiligen Lebensbereichen stehen für die Lichtverhältnisse und die Bodenfeuchtigkeit:
Lichtverhältnisse:
so = sonnig
abs = abssonnig
hs = halbschattig
sch = schattig
Bodenfeuchtigkeit:
1 = trockener Boden
2 = frischer Boden
3 = feuchter Boden
4 = nasser Boden (Sumpf)
5 = flaches Wasser
6 = Schwimmblattpflanzen
7 = untergetauchte Pflanzen
8 = Schwimmpflanzen
Wird für eine Pflanze also beispielsweise der Lebensbereich "GR 2–3/hs" angegeben, bedeutet das, dass sie für einen halbschattigen Pflanzplatz am Gehölzrand mit frischem bis feuchten Boden geeignet ist.
Inzwischen werden die Lebensbereiche von den meisten Gärtnereien angeben – das erleichtert die Suche nach der passenden Pflanze ungemein. In unserer Pflanzendatenbank oder auch im Online-Shop der Staudengärtnerei Gaissmayer können Sie ganz gezielt nach Stauden für bestimmte Lebensbereiche suchen. Haben Sie sich für bestimmte Pflanzen entschieden, müssen Sie sie dann nur noch entsprechend ihrer Geselligkeit anordnen, denn manche Pflanzen kommen in Einzelstellung besonders gut zur Geltung, andere wiederrum gedeihen am besten, wenn man sie in einer größeren Gruppe pflanzt. Nach dem Konzept der Lebensbereiche gepflanzt, ergeben sich so Staudenpflanzungen, an denen Sie lange Freude haben.