Fettkraut, Pinguicula
Pinguicula vulgaris
Das Gemeine Fettkraut ist winterhart und damit eine der wenigen fleischfressenden Pflanzen, die bei uns im Freien kultiviert werden kann. So pflanzen und pflegen Sie die außergewöhnliche Staude.
Steckbrief
- Wuchstyp
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- Staude
- Wuchseigenschaften
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- rosettenbildend
- Blütenfarbe
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- violett
- Blütezeit (Monat)
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- Mai bis August
- Blütenform
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- Einzelblüte
- endständig
- Blattfarbe
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- gelbgrün
- Blattform
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- länglich
- rinnenförmig
- schmal
- Blatteigenschaften
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- Rosette
- Licht
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- absonnig bis halbschattig
- Bodenfeuchte
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- feucht bis nass
- ph-Wert
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- alkalisch
- neutral
- sauer
- Kalkverträglichkeit
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- kalktolerant
- Nährstoffbedarf
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- nährstoffarm
- Zier- oder Nutzwert
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- Blütenschmuck
- heimische Wildpflanze
- Verwendung
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- Teichbepflanzung
- Gartenstil
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- Naturgarten
- Wassergarten
Herkunft
Das Gemeine Fettkraut (Pinguicula vulgaris) ist eine fleischfressende Pflanze aus der Familie der Wasserschlauchgewächse (Lentibulariaceae). Die Karnivore ist bei uns in Europa heimisch, steht jedoch in Deutschland in mehreren Bundesländern auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Man findet sie aber auch in Sibirien, weiten Teilen Kanadas und in den USA. Wild wächst sie in feuchten bis nassen Moorgebieten mit nährstoffarmen Böden beziehungsweise in alpinen Höhen von rund 2.300 Metern. Aufgrund ihres großen Verbreitungsgebiets – auch in unterschiedlichen Klimazonen – unterteilt man die Mitglieder der Gattung Fettkraut in tropische und in temperierte Wuchsformen. Das heimische Fettkraut zählt zu den temperierten und ist sehr winterhart. Damit eignet es sich auch in Deutschland für die Freilandkultur.
Wuchs
Das winterharte und ausdauernde Fettkraut zeichnet sich durch einen malerischen Wuchs und hübsche Blüten aus. Es wächst aufrecht und bildet frischgrüne Blattrosetten, aus denen zur Blütezeit die schlanken hohen Blütenstiele emporragen. Im Herbst sterben neben dem Spross auch die Wurzeln ab und Pinguicula vulgaris überwintert als Winterknospe, dem sogenannten Hibernakel, aus dem es dann im kommenden Frühjahr neu austreibt.
Blätter
Die Blattrosetten des Fettkrauts bestehen aus länglich-schmalen Blättern, die vorne zu einer stumpfen Spitze zusammenlaufen und die meiste Zeit am Blattrand leicht eingerollt sind. Der Name Fettkraut erklärt sich aus dem Aussehen der Blattspreite: Sie glänzt fettig. Die Blätter sind nämlich von feinen Drüsen überzogen, die ein klebriges Locksekret absondern. Daran bleiben kleine Insekten hängen, vorzugsweise Fliegen mit einer Größe zwischen drei und vier Millimetern. Als sogenannte aktive Klebfalle kann das Gemeine Fettkraut seine Blattränder zusätzlich einrollen, sodass gefangene Insekten selbst bei Regen keinerlei Chance auf Flucht haben. Die Beute wird dann direkt auf den Blättern durch spezielle Verdauungsenzyme zersetzt. Dazu bilden sich kurzzeitig kleine Einbuchtungen rund um die Beute. Der Vorgang dauert nur wenige Tage.

Am liebsten "frisst" das Gemeine Fettkraut winzige Fluginsekten
Blüten
Das Gemeine Fettkraut hat hübsche violette, veilchenähnliche Blüten. Sie sind fünfgliedrig und sitzen endständig an zwischen 5 und 13 Zentimeter langen, blattlosen Blütenstielen. Die Blütezeit des Fettkrauts beginnt im Mai und erstreckt sich über einen relativ langen Zeitraum – im günstigsten Fall bis August.
Standort
Um gut zu gedeihen, benötigt das Fettkraut einen absonnigen bis halbschattigen Standort. Er sollte luftig stehen und vor allzu starken Niederschlägen geschützt sein. Es bevorzugt kühlere Standorte mit relativ hoher Luftfeuchtigkeit.
Boden
Pinguicula vulgaris fühlt sich gleichermaßen in sauren wie neutralen oder alkalischen Böden wohl – vorausgesetzt, sie sind sehr feucht bis nass.
Pflanzung
Die Wurzeln des Fettkrauts sind äußerst empfindlich. Pinguicula sollte niemals während der Wachstumsphase im Sommer gepflanzt oder versetzt werden, sondern ausschließlich zwischen Herbst und Frühjahr, wenn sie sich noch in Winterruhe befindet oder gerade neu austreibt. Das bedeutet, dass sie im Winter bis auf eine feste Blattknospe abstirbt und auch keine Wurzeln mehr hat – also problemlos versetzt werden kann. Die Winterknospe sollte bei der Pflanzung nie vollständig eingegraben werden, im Idealfall ragt etwa die Hälfte aus dem Boden heraus. Im Frühjahr öffnet sich die Winterknospe wieder. Es bilden sich neue Wurzeln, die das Gemeine Fettkraut erneut im Boden verankern, und die Blätter treiben neu aus.
Pflege
Bei guter Standortwahl fallen beim Fettkraut keine besonderen Pflegemaßnahmen an. In langen Trockenperioden sollten Sie Pinguicula vulgaris mit der Gießkanne wässern, damit der Boden nicht vollständig austrocknet. Düngergaben und auch ein Winterschutz sind nicht nötig.
Verwendung
Die bevorzugten Beutetiere des Fettkrauts sind, wie bereits erwähnt, winzige Fliegen. In Orchideen–Gärtnereien betrieben setzt man die Pflanze daher manchmal zur biologischen Schädlingsbekämpfung gegen Trauermücken ein. Wer Pinguicula vulgaris im Haus kultiviert, kann damit ebenfalls Trauermücken, aber auch Fruchtfliegen dezimieren.
In früheren Zeiten schrieb man der ungewöhnlichen Fleischfresserin noch ganz andere Fähigkeiten zu. Während des elisabethanischen Zeitalters (1558 bis 1603) glaubte man, sie schütze das Weidevieh vor Zwergen und Kobolden, Menschen vor Hexen und Feen. Bis fast Anfang des 19. Jahrhunderts verwendete man die Blätter als Hausmittel gegen Läuse, in einigen skandinavischen Ländern benutzt man den enzymhaltigen Pflanzensaft von Pinguicula vulgaris bis heute als Labersatz in der Käseherstellung.

Die Blüten des Gemeinen Fettkrauts schweben hoch über der Blattrosette
Im Garten eignet sich das Gemeine Fettkraut als winterharte Bepflanzung für feuchte Standorte wie Teichränder, Bachläufe oder Moorbeete. Mit seinen hübschen violetten Blüten ist Pinguicula vulgaris eine attraktive Zierpflanze, die zudem noch die ungewöhnlichen Fähigkeiten einer fleischfressenden Pflanze aufweist. Für Gartenbesucher ist es ein besonderes Erlebnis, zu beobachten, wie sie zahlreiche Insekten in die Falle lockt.
Vermehrung
Die Vermehrung des Gemeinen Fettkrauts erfolgt durch Aussaat im Winter. Geben Sie die Samen in flache Schalen mit Anzuchterde, die zur Hälfte mit Sand durchsetzt sind. Sie sollten obenauf liegen und nur minimal von Substrat bedeckt sein, das konstant feucht zu halten ist. Die Samen von Pinguicula vulgaris sind Kaltkeimer, müssen also kühl stehen und können bei Frost auch gerne über Nacht ins Freie gestellt werden. Dann sollten sie im Frühjahr keimen. Die jungen Keimlinge werden in Töpfe pikiert oder direkt an ihren Standort im Garten gesetzt. Wesentlich einfacher ist jedoch die Vermehrung über die kleinen Brutknospen, die sich rund um die Winterknospe des Gemeinen Fettkrauts bilden. Diese können Sie im zeitigen Frühjahr einfach abbrechen und andernorts weiterkultivieren.
Krankheiten und Schädlinge
An einem ungeschützten Standort sammelt sich bei ausdauerndem Regen in den Blattrosetten des Gemeinen Fettkrauts viel Wasser. Wenn es nicht schnell genug abtrocknen kann, neigt die Pflanze zu Grauschimmel (Botrytis).