Gartenwissen: Kaltkeimer

Die Begriffe Kaltkeimer oder Frostkeimer klingen zunächst paradox – schließlich ist es ja die Wärme, die das Wachstum der Pflanzen anregt. Kaltkeimer hingegen brauchen die niedrigen Temperaturen, um keimen zu können.

Einige Pflanzen zählen zu den Kaltkeimern. Das heißt, ihre Samen brauchen einen Kältereiz, um gedeihen zu können. Wie Sie bei der Aussaat richtig vorgehen, zeigen wir Ihnen in diesem Video.
MSG/Kamera: Alexander Buggisch/Schnitt: CreativeUnit: Fabian Heckle

Inhaltsverzeichnis

Kaltkeimer, früher auch Frostkeimer genannt, sollte man grundsätzlich im Herbst oder Winter aussäen, da sie nach der Aussaat einen Kältereiz brauchen, um keimen zu können. Die Samen der Kaltkeimer enthalten nämlich austriebshemmende und -fördernde Pflanzenhormone in einem bestimmten Gleichgewicht. In den frisch gereiften Samen dominiert das Hormon, das nach der Quellung der Samenschale die sofortige Keimung verhindert. Erst wenn die Temperaturen fallen, verschiebt sich das Gleichgewicht langsam zugunsten des keimfördernden Hormons.

Kaltkeimer: Das Wichtigste auf einen Blick

Kaltkeimer sind Pflanzen, die nach der Aussaat einen Kältereiz benötigen, um keimen zu können. Zu den Kaltkeimern zählen beispielsweise Stauden wie die Christrose, die Pfingstrose und die Schlüsselblume und viele heimische Gehölze. Den Kältereiz erhalten die Samen entweder in einer Aussaatschale im Freien oder im Kühlschrank.

Kaltkeimer besitzen einen Schutz vor zu frühem Austrieb

Der Sinn dieses biochemischen Mechanismus liegt auf der Hand: Er soll verhindern, dass der Keim zu einer ungünstigen Jahreszeit – zum Beispiel schon im Herbst – die schützende Samenschale verlässt und die junge Pflanze im ersten Winter noch nicht kräftig genug ist, um den Frost zu überstehen. Zu den Kaltkeimern zählen überwiegend mehrjährige Stauden und Gehölze. Die meisten stammen aus gemäßigten und subarktischen Zonen oder Gebirgsregionen mit großer Temperaturamplitude, also kalten Wintern und heißen Sommern.

Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl der Zeitraum als auch die benötigten Temperaturen zum Abbau der Keimhemmung je nach Pflanzenart ganz unterschiedlich sein können. Gute Richtwerte für die meisten Arten sind null bis fünf Grad Celsius für vier bis acht Wochen. Es muss also nicht zwangsläufig frieren, damit die Samen ihre Keimhemmung verlieren. Aus diesem Grund wird die alte Bezeichnung Frostkeimer heute so gut wie nicht mehr verwendet.

Welche Pflanzen sind Kaltkeimer?

Pfingstrose

Pfingstrosen zählen zu den Kaltkeimern

Bekannte Kaltkeimer sind zum Beispiel die Christrose (Helleborus niger), die Pfingstrose (Paeonia), die Schlüsselblume (Primula veris), der Bärlauch (Allium ursinum), verschiedene Enziane, die Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris) oder das Alpenveilchen (Cyclamen). Viele heimische Gehölze wie Stiel-Eichen, Weiß- und Rotbuchen oder Haselnüsse sind ebenfalls Kaltkeimer.

Kaltkeimer aussäen: Schritt für Schritt

Wer Kaltkeimer aussäen möchte, sollte auf dem Samentütchen nachlesen, ob die Aussaat im Herbst oder im Winter empfohlen wird. Die Samen einiger Arten brauchen während der Quellung der Samenschale eine Phase mit höheren Temperaturen, bevor die Kältephase einsetzt. Ist sie zu kurz oder wird sie von einigen milden Tagen unterbrochen, kann sich die Keimung um ein ganzes Jahr verzögern. Diese Arten sät man am besten gleich nach der Samenernte aus.

Material für die Aussaat

Auf einen Blick: Dieses Material brauchen Sie für die Aussaat von Kaltkeimern

Für die Herbst-Aussaat benötigen Sie neben den Pflanzensamen eine Aussaatschale mit Wasserabzugslöchern, nährstoffarme Aussaat- oder Kräutererde, ein feinmaschiges Erdsieb, Etiketten, Erdstempel, Wassersprüher sowie Maschendraht als Fraßschutz.

Aussaatschale mit Erde füllen
Foto:MSG/Frank Schuberth
Aussaatschale mit Erde füllen
Aussaatschale mit Erde füllen
Foto:MSG/Frank Schuberth
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Aussaatschale mit Erde füllen

Füllen Sie die Aussaatschale bis etwa zwei Zentimeter unter den Rand gleichmäßig mit Erde. Zerkleinern Sie dabei grobe Substrat-Anteile einfach von Hand.

Saatgut auf der Hand
Foto:MSG/Frank Schuberth
Samen aus der Tüte holen
Saatgut auf der Hand
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Samen aus der Tüte holen

Nun können Sie die Saattüte öffnen und die gewünschte Menge Samen auf die Innenfläche der Hand rieseln lassen.

Samenkörner verteilen
Foto:MSG/Frank Schuberth
Samenkörner verteilen
Samenkörner verteilen
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Samenkörner verteilen

Verteilen Sie die Samenkörner gleichmäßig auf der Erde. Alternativ können Sie das Saatgut auch direkt aus der Tüte auf die Erde streuen.

Erde mit einem Sieb verstreuen
Foto:MSG/Frank Schuberth
Aussaaterde darüber sieben
Erde mit einem Sieb verstreuen
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Aussaaterde darüber sieben

Mit dem Erdsieb lässt man nun feine Aussaaterde auf die Samen rieseln. Je kleiner die Samen sind, desto dünner darf die Schicht sein. Für sehr feines Saatgut reichen zwei bis drei Millimeter als Abdeckung völlig aus.

Erdstempel
Foto:MSG/Frank Schuberth
Erde mit dem Erdstempel andrücken
Erdstempel
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Erde mit dem Erdstempel andrücken

Ein Erdstempel – ein Holzbrettchen mit Handgriff – ist ideal, um die frisch gesiebte Erde leicht anzudrücken, damit die Samen guten Bodenschluss bekommen.

Erde befeuchten
Foto:MSG/Frank Schuberth
Mit etwas Wasser befeuchten
Erde befeuchten
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Mit etwas Wasser befeuchten

Der Sprüher befeuchtet die Erde, ohne die Samen wegzuspülen.

Maschendraht an der Schale befestigen
Foto:MSG/Frank Schuberth
Maschendraht an der Schale befestigen
Maschendraht an der Schale befestigen
Foto:MSG/Frank Schuberth
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Maschendraht an der Schale befestigen

Eine straffe Abdeckung aus Maschendraht verhindert, dass zum Beispiel Vögel in der Saatschale picken.

Etikett befestigen
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Etikett an der Schale befestigen
Etikett befestigen
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Etikett an der Schale befestigen

Auf dem Etikett Pflanzennamen und Aussaattermin vermerken.

Aussaatschale ins Beet stellen
Foto:MSG/Frank Schuberth
Aussaatschale im Beet platzieren
Aussaatschale ins Beet stellen
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Aussaatschale im Beet platzieren

Zum Schluss stellen Sie die Aussaatschale mit den Kaltkeimern ins Beet. Über den Winter erhalten die Samen hier den nötigen Kältereiz. Selbst Frost oder eine geschlossene Schneedecke sind für die Aussaaten kein Problem.

Tipp: Bei manchen Kaltkeimern wird empfohlen, die Aussaat in der Saatschale zunächst an einem warmen Ort vorquellen zu lassen und die Schale erst dann kalt aufzustellen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, schichtet die Samen zuvor in ein offenes Gefäß und lagert sie vor der Aussaat im Frühjahr für einige Wochen im Kühlschrank.

Gehölzsamen lassen sich beim Keimen oft viel Zeit

Viele Gehölze haben auch aufgrund ihrer dicken und sehr harten Samenschale eine starke Keimhemmung – zum Beispiel Mandeln, Kirschen und Pfirsiche. In der Gärtnerei wird sie durch einen Vorgang eliminiert, den man Stratifizierung oder Stratifikation nennt. Dazu schichtet man die geernteten Samen im Herbst an einem schattigen Platz in große Behälter mit grobem Sand ein und hält diesen gleichmäßig feucht. Die Behälter werden gegen Mäusefraß mit einem engmaschigen Drahtgitter abgedeckt und das Gemisch aus Samen und Sand einmal pro Woche mit einer Schaufel durchmischt. Der dauerfeuchte Sand und die mechanische Behandlung fördern eine schnelle Quellung der Samenschale und verhindern gleichzeitig einen Pilzbefall. Zu den Rekordhaltern in Sachen Keimhemmung gehört übrigens die Zaubernuss: Es kann bis zu drei Jahre dauern, bis ihre Samen nach der Aussaat keimen.

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