Wildbienen
Wildbienen gelten als stark gefährdet. Welche Arten in Deutschland leben und wie Sie sie im Garten unterstützen können, lesen Sie hier.
Was sind Wildbienen?
Spricht man von Bienen, sind meist Honigbienen gemeint. Wildbienen liefern, anders als diese, keinen Honig, spielen in der Natur aber eine enorm wichtige Rolle als Bestäuber. Aufgrund ihrer geringen Körpergröße sind sie in der Lage, deutlich mehr Pflanzen zu bestäuben als die Honigbienen. Außerdem sind Wildbienen sehr robust und weniger zimperlich, was Wind, Wetter und Temperaturen anbelangt. Wildbienen und Hummeln fliegen bei fast jedem Wetter und bestäuben so zuverlässig Wildpflanzen und Nutzpflanzen. Damit tragen sie maßgeblich zur weltweiten Ernährungssicherheit bei.
Verbreitung und Vorkommen
In Deutschland gibt es rund 560 Arten von Wildbienen. In Europa sind es an die 2.000 und weltweit über 20.000. Bei uns stehen einige von ihnen unter Artenschutz, es ist aber allgemein verboten, die Wildtiere zu fangen, zu vertreiben oder gar zu töten.
Wie sehen Wildbienen aus?
Wildbienen zählen zur Insektenordnung der Hautflügler (Hymenoptera) und können sehr unterschiedlich aussehen – Farbe, Körperbehaarung, Umfang und Größe variieren je nach Art stark. Zwei Beispiele: Die wohl kleinste Wildbienenart ist die Steppenbiene, die nur vier Millimeter groß wird. Die Holzbiene erreicht dagegen bis zu 30 Millimeter. Die meisten Wildbienen sind unter sieben Millimeter groß, was sie zu sehr wertvollen Bestäubern macht – sie kommen nämlich in fast jede noch so kleine Blüte hinein.

Diese Wildbiene sammelt fleißig Pollen
Im Körperbau stimmen sie aber alle überein. Der Körper von Wildbienen ist in drei Teile geteilt, den Kopf, die Brust (Thorax und Propodeum) und den Hinterleib. Am Kopf sitzen nicht nur die bekannten Facettenaugen, sondern auch drei kleine Punktaugen, mit denen die Insekten die Helligkeit messen können. Außerdem die Fühler, die bei manchen Arten mehr kleinen Hörnern ähneln. Vom Brustteil gehen vier Flügel und sechs Beine ab. Das Hinterteil ist sehr beweglich und weist einen für den Menschen harmlosen, winzigen Stachel auf. Der restliche Körper ist von einer Hülle aus stützenden Chitinringen umgeben.
Weibliche Wildbienen können Pollen auf verschiedene Arten transportieren. Die Beinsammler haben, ähnlich wie Honigbienen, Sammelhaare an den Beinen. Bei Bauchsammlern bleiben die Pollen an der behaarten Unterseite des Hinterleibs haften. Kropfsammler verschlucken sie zunächst, um sie dann im Nest wieder auszuwürgen.
Erfahren Sie in unserem Podcast alles über Insektenstauden
Wildbienen und Honigbienen sind vom Aussterben bedroht und brauchen unsere Hilfe. Mit den richtigen Pflanzen auf dem Balkon und im Garten leisten Sie schon einen wichtigen Beitrag, um die Nützlinge zu unterstützen. Unsere Redakteurin Nicole Edler hat sich deshalb mit Dieke van Dieken in dieser Podcast-Folge von "Grünstadtmenschen" über Insektenstauden unterhalten. Gemeinsam geben die beiden wertvolle Tipps, wie Sie Zuhause ein Paradies für Bienen schaffen können. Hören Sie rein.
Lebensweise und Lebensräume
Wildbienen sind größtenteils Einzelgänger, im Fachjargon: Solitär- oder Einsiedlerbienen. Einige Arten leben aber auch in kleinen Gruppen bis Mini-Staaten zusammen. Im Schnitt werden sie nur drei bis sechs Wochen alt, weswegen man sie gut nach ihrem jahreszeitlichen Auftreten einteilen kann, also in Sommer-, Frühjahrs- oder Herbstarten. Pro Jahr tritt meist eine Generation auf, Ausnahmen bilden zum Beispiel Arten der Wespenbienen (Nomada), bei denen auch zwei möglich sind. Arten mit nur einer Generation überwintern in der Regel als Ruhelarven.

Erdbienen wie die Bärtige Sandbiene (Andrena barbilabris) nisten am liebsten in trockenem Sandboden
Das Auftreten von Wildbienen ist räumlich sehr begrenzt, sie bewegen sich nur in einem Radius zwischen 70 und 400 Metern umher. Ihre natürlichen Lebensräume sind trocken, geschützt und warm. Im urbanen Raum, wo die Temperaturen meist etwas höher liegen, fühlen sie sich daher ebenfalls wohl. Bevorzugte Plätze sind hier brachliegende Industrieflächen, Parks und öffentliche Grünanlagen. Auf dem Land lassen sie sich an Trockenstandorten beobachten und auf ruhigen blüten- und artenreichen Wildblumenwiesen – die aufgrund von Monokulturen und intensiver Landwirtschaft aber immer mehr abnehmen. Als licht- und wärmeliebende Insekten zählt der Wald nicht zu ihren typischen Lebensräumen, auch wenn sie in der Nähe von Auwäldern gerade im Frühjahr viel Nahrung finden. Hier tummeln sich unter anderem Sandbienen, auch Erdbienen genannt, oder Seidenbienen. Vereinzelt tauchen Wildbienen auch in alpinen Lagen auf.
Nahrung und Futterpflanzen
Etwa ein Drittel aller Wildbienen ist hochspezialisiert und auf einige wenige Pflanzenarten als Nahrungsquellen angewiesen. Glockenblumen-Sägehornbienen etwa ernähren sich nur von Glockenblumen, Malven-Langhornbienen nur von den Blüten der Malve. Gibt es diese Futterpflanzen nicht, gibt es auch keine Wildbienen. Grundsätzlich nutzen Wildbienen im Vergleich zu Honigbienen nur sehr wenige Pflanzen als Nahrungsquellen und haben zudem einen sehr eingeschränkten Radius. Ihren Energiebedarf decken ausgewachsene Tiere in erster Linie mit kohlenhydratreichem Nektar. Die Pollen dienen hauptsächlich der Aufzucht der Brut, sie enthalten sowohl Proteine als auch Stärke und verschiedene Mineralstoffe.

Efeu ist eine bienenfreundliche Kletterpflanze
Fortpflanzung
Wildbienen legen im Vergleich zu anderen Insekten nur wenige Eier, im Schnitt 10 bis 20, selten bis zu 40. Außerdem kommt es, bedingt durch Schimmel in den Brutzellen, ungünstiges Klima und Brutparasiten – darunter auch Kuckucksbienen und Kuckuckswespen – zu hohen Brutausfällen. Die Paarung erfolgt unmittelbar nach dem Schlupf. Bei den Wildbienen ist es so eingerichtet, dass die Männchen, die in den vorderen Brutkammern heranwachsen, zuerst schlüpfen, um dann vor dem Nist-/Schlupfplatz auf die Weibchen zu warten. Diese beginnen danach sogleich mit dem Nestbau, legen ihre Eier hinein und verschließen die Brutzellen, um Feuchtigkeit und Kälte fernzuhalten. Die Solitärbienen erledigen die komplette Aufzucht und das Heranschaffen von Pollen und Nektar im Alleingang. Sozialere Wildbienenarten teilen sich die Arbeit mit Weibchen, die aufgrund verkümmerter Fortpflanzungsorgane selbst keinen Nachwuchs bekommen können. Dies ist zum Beispiel bei der Skabiosen-Furchenbiene (Halictus scabiosae) der Fall.
Die Larven der Wildbienen schlüpfen bereits nach wenigen Tagen und machen sich sofort über die gesammelten Nahrungsvorräte her, wobei sie sich mehrmals häuten. Viele spinnen sich anschließend in einen Kokon ein, in dem sie sich weiterentwickeln, um dann in eine Ruhephase einzutreten. Diese fällt meist auf die kalte Jahreszeit, sodass die Mehrheit der Wildbienen als sogenannte Ruhelarven überwintert. Erst im nächsten Frühjahr verpuppen sie sich und nehmen ihre endgültige Form (Imago) an. Der Entwicklungszyklus dauert in seiner Gesamtheit fast ein Jahr. Aus befruchteten Eiern erwachsen Weibchen, aus unbefruchteten Männchen.
Natürliche Nistplätze
Die Nester, also die Nist- und Schlupfplätze von Wildbienen, liegen immer unweit ihrer Futterpflanzen. Alle Arten von Wildbienen nisten in verschließbaren Hohlräumen, die entweder bereits vorhanden sind oder von den Tieren selbst erbaut werden. Die Nester befinden sich je nach Wildbienenart in
- Sand-, Lehm- oder Erdböden,
- morschem Holz oder Totholz,
- in den Fraßgängen von Insekten wie Käfern,
- an Steinen, Mauern und Felsen oder
- an/in Pflanzenstängeln und Baumstämmen.
Zum Nestbau nutzen Wildbienen Pflanzenteile wie Laub oder Blütenblätter, Holzfasern oder Baumharz, die manchmal noch mit eigenem Drüsensekret vermischt werden.
Wildbienenarten in Deutschland

Mauerbienen sind die wohl bekanntesten Wildbienen in unseren Gärten
Sieht man bei uns Wildbienen, handelt es sich meist um Mauerbienen (Osmia), von denen rund 25 Arten in Deutschland vorkommen. Ihren Namen verdanken sie der Bauweise ihrer Nester, die aus einem erstaunlich harten, wie gemauert wirkendem Material bestehen. Die Wildtiere vermischen Drüsensekret, Blattstückchen und Erde und formen daraus stabile Brutkammern und Zellen. Diese werden sowohl in hohlen Pflanzenstängeln als auch in Totholz angelegt. Zudem nehmen Mauerbienen künstliche Nisthilfen dankbar an. Was ihre Futterpflanzen angeht, zeigen sie sich verhältnismäßig wenig wählerisch. Ab März lässt sich die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), ab etwa Mitte April die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) beobachten.
Ebenfalls im Frühsommer zeigen sich die Blattschneiderbienen (Megachile). Auch ihr Name erklärt sich mit den Nestern: Die Weibchen schneiden mit ihren Mundwerkzeugen Stücke aus Blättern und nutzen sie zum Bau.
Die Maskenbiene (Hylaeus) fliegt ab Mai. Sie ist sehr klein, von dunkler Farbe und kaum behaart. Die helle Zeichnung an ihrem Kopf ähnelt tatsächlich einer Maske – bei den Männchen ist sie etwas stärker ausgeprägt als bei den Weibchen. Maskenbienen zählen zu den Kropfsammlern.
Scherenbienen (Chelostoma) tragen auffällige, scherenartige Mundwerkezuge, sind schwarz gefärbt und relativ groß und lang. Sie nutzen gerne Nisthilfen, bauen ihre Brutzellen aber auch in den Fraßgängen von Käfern in Totholz oder nutzen hohle Pflanzenstängel. Die Insekten erscheinen von April bis Juni. Die Arten sind oft nach ihren Futterpflanzen benannt, so ernährt sich die Glockenblumen-Scherenbien von Glockenblumen und die Hahnenfuß-Scherenbiene von Hahnenfußgewächsen.
Pelzbienen (Anhophora) verwechselt man leicht mit Hummeln – sie sind ähnlich stark behaart (siehe Titelbild). Von März bis Juni sieht man sie häufig an Primelgewächsen, Lippenblütlern oder Borretsch, ihren bevorzugten Nahrungsquellen.
Wollbienen (Anthidium) ähneln mit ihrem gelb-schwarzen Körper dagegen den Wespen. Sie nisten in Löchern im Boden, in Holz oder in Mauerspalten. Als Nahrungsquellen dienen ihnen Lippen-, Rachen- und Schmetterlingsblütler. Die Wildbienen lassen sich ab Juni beobachten.
Löcherbienen (Heriades) holen sich Nektar und Pollen ausschließlich von Korbblütlern wie Kamille oder Schafgarbe. Die kleinen Wildbienen sind ab Juni unterwegs und nisten sowohl in Totholz, wo sie Gänge von anderen Insekten beziehen, als auch in Pflanzenstängeln.

Die Blaue Holzbiene: Sieht gefährlich aus, ist aber harmlos
Ein echtes Highlight in unseren heimischen Gärten sind die bereits erwähnten Holzbienen, allen voran die Blauen Holzbienen (Xylocopa violacea), die in den letzten Jahren vermehrt im Süden des Landes auftreten. Ihr Körper ist schwarz, ihre Flügel schimmern blau. Sie fliegen im Sommer und nisten in morschem Holz.
Erdbienen oder Sandbienen (Andrena) stehen unter strengem Artenschutz. Sie machen sich im Garten im Frühjahr bemerkbar, wenn sie in Bodennähe herumfliegen. Dann bauen sie nämlich ihre Nester, je nach Art in Erd- oder Sandboden, und schaffen Nahrung für ihren Nachwuchs heran.
Tipp: Profis erkennen Wildbienen auch anhand ihrer Nestverschlüsse. Die Blattschneiderbiene etwa verschließt ihre Zellen mit einer grünlichen Masse, Wollbienen mit watteähnlichen Gebilden.
Hummeln
Hummeln (Bombus) werden ebenfalls zu den Wildbienen gezählt. In Deutschland gibt es, grob geschätzt, 30 Arten, von denen man sechs häufiger im Garten zu Gesicht bekommt:
- Erdhummel (Bombus terrestris)
- Gartenhummel (Bombus hortorum)
- Baumhummel (Bombus hypnorum)
- Wiesenhummel (Bombus pratorum)
- Steinhummel (Bombus lapidarius)
- Ackerhummel (Bombus pascuorum)

Hummeln & Co. lieben nicht nur Kugeldisteln – alle Arten sind ausgezeichnete Insektenmagnete
Die pelzigen Insekten lassen sich in Echte Hummeln und sogenannte Schmarotzerhummeln unterteilen. Echte Hummeln verhalten sich ähnlich wie Honigbienen: Sie bilden Staaten und Völker mit einer Königin an der Spitze. Diese sind aber mit maximal 600 Mitgliedern deutlich kleiner. Die Königin hält alleine Winterschlaf und gründet im Frühjahr ihren neuen Staat. Dazu wählt sie einen geeigneten Standort – über oder unter der Erde. Erdhummeln beziehen zum Beispiel Löcher im Boden, Baumhummeln nisten unter anderem in hohlen Baumstämmen. Die Hummelkönigin legt ihre Eier in selbstgebaute Brutkammern und versorgt den Nachwuchs selbst – bis die ersten Arbeiterinnen da sind und diese Aufgabe übernehmen. Schmarotzerhummeln schieben den Echten Hummeln ihre Eier unter und überlassen diesen die Brutpflege und Aufzucht.
Auch die Hummeln sind in der Natur wertvolle Bestäuber. Manche Arten, zum Beispiel die Dunkle Erdhummel, werden in der Landwirtschaft sogar gezielt eingesetzt, um Nutzpflanzen zu befruchten.
Gefährdung
Etwa die Hälfte der Wildbienen in Deutschland ist laut dem Bundesamt für Naturschutz als gefährdet einzustufen, ein Drittel davon sogar als vom Aussterben bedroht. Das lässt sich hauptsächlich durch das Schwinden ihrer natürlichen Lebensräume, intensive Landwirtschaft, Monokulturen sowie den Einsatz von Pestiziden erklären. Den Wildtieren fehlen die Futterpflanzen und ihre geschützten Nistplätze. Manche sehen eine zusätzliche Bedrohung durch das Imkern in der Stadt: Die vermehrte Aufmerksamkeit, die Honigbienen zuteil wird, fördere deren Fortbestehen, mindere aber gleichzeitig die Überlebenschancen von Wildbienen. Honigbienen sind in Bezug auf ihre Nahrung nicht wählerisch und fliegen zudem weite Strecken ab, um Nektar und Pollen zu finden. Wildbienen dagegen gehen maximal 150 Meter weit auf Nahrungssuche.
Wildbienen im Garten fördern

Damit Wildbienenhotels zuverlässig besiedelt werden, ist die richtige Bauweise entscheidend. Geeignete Materialien sind zum Beispiel Holzblöcke aus Hartholz und hohle Bambusröhren oder Schilfhalme
Gartenbesitzer können mit einfachen Maßnahmen Lebensräume für Wildbienen schaffen und die gefährdeten Tiere so aktiv unterstützen. Diese Möglichkeiten gibt es:
- geeignete Wildbienenhotels aufstellen oder selber basteln
- naturnahes Gärtnern ohne Chemie
- Trockenmauern bauen
- Wildblumenwiese statt Golfrasen anlegen
- wenig benutze Bereiche und Ecken den Wildbienen überlassen
- Totholzhaufen aufschichten
- Sandplätze, Sandhügel oder kleine Erdflächen anlegen, die nicht bepflanzt werden, sondern als Nistplätze dienen sollen
- für blütenreiche Artenvielfalt sorgen
- Futterpflanzen mit gestaffelter Blütezeit pflanzen
Weil Wildbienen nur bestimmte Nektar- und Pollenspender nutzen können und nicht jede der sogenannten bienenfreundlichen Pflanzen ihnen weiterhilft, gilt es sich, vorab genau zu informieren. Gut geeignet sind vor allem heimische Wildarten. Im Obstgarten sind Gehölze wie Apfel, Birne und Quitte besonders umschwärmt. Schmetterlingsblütler wie die Großblütige Wicke, der Gewöhnliche Blasenstrauch oder der Gewöhnliche Hornklee werden ebenfalls dankbar angenommen. Klee ist übrigens allgemein bei Hummeln sehr beliebt. Unter den Lippenblütlern gilt vor allem der Steppen-Salbei als wertvolle Futterpflanze für Wildbienen. Unter den Korbblütlern sticht die Distel heraus.
Extra-Tipp für Nutzgärtner: Setzen Sie zur Bodenverbesserung auf Gründüngung. So erhalten Sie nicht nur fruchtbare Erde für den Anbau in der nächsten Saison, sondern tun den Wildbienen auch noch etwas Gutes. Die verwendeten Pflanzen öffnen ihre Blüten erst im Herbst, sodass die Insekten länger Nahrung finden.